Ein modernes Märchen
Seit langer, langer Zeit ist Anneli in der Welt unterwegs, um ihr Glück zu finden.
Anneli, heute knapp über 60, träumt seit ihrer Jugend von einer großen, glücklichen Familie mit allem Drum und Dran. Dazu gehören Oma und Opa, ein Bruder, eine Schwester und drei eigene Kinder, zwei Buben und ein Mädchen und dazu gehört natürlich auch ihr fescher, treuer, liebevoller Ehemann. Ganz konkrete Anneli-Visionen sind das seit fünf Jahrzehnten! Und trotzdem ist bis heute nichts davon Wirklichkeit geworden ... Anneli sitzt auch heute wie jeden
Donnerstag auf ihrer Lieblingsbank am Wasser des nahen Flusses und träumt vor sich hin. Na ja, entspanntes Träumen kann man das wohl nicht nennen. Vielmehr wird aus Annelis Entspannungspäuschen ein Rätselraten bis hin zur quälenden Grübelei: "WARUM hat sich mein schönstes Herzensbild bis heute nicht erfüllen dürfen? Was mache ich bloß falsch? Wo ich doch so viele Bücher gelesen habe ... Seminare besucht habe ... mir das Rauchen abgewöhnt habe ... und allen Leuten vergeben habe, denen ich noch böse war?! HALLO! Lieber Gott bitte um eine Antwort!"
Um die Botschaft von oben nur ja nicht zu versäumen, verbessert Anneli ihre vormals gemütlich, schlampige Sitzhaltung: Gerader Rücken, Augen zu und Gedankenstille - so hat sie es gelernt! Schließlich möchte sie ja mit dem Allerhöchsten kommunizieren! So ganz nebenbei und wirklich ganz kurz registriert Annelie aus den Augenwinkeln einen Mann mittleren Alters, der sich etwas abseits im Gras niedergelassen hat. "Nix da, konzentriere dich gefälligst auf Gott!" folgt prompt die Rüge von Anneli zu Anneli.
Im selben Moment ertönt Gottes Stimme: "Hast du es dir gemütlich gemacht Anneli? Ja? Das freut mich. Du hast mir auch heute wieder dieselbe Frage gestellt ... so wie gestern und all die vielen Jahre davor. Ich habe dir IMMER geantwortet! Doch schön langsam gehen selbst mir die Ideen aus - du willst weder hören, noch sehen und schon gar nicht handeln!"
"WIE BITTE!?" Selbstverständlich lässt sich Gott durch Annelis Minimal-Entrüstung in seiner Liebe nicht irritieren und spricht seelenruhig weiter: "Ich spreche mit dir durch Zeichen! Unendlich viele habe ich dir schon geschickt. Erinnere dich zum Beispiel an deinen 24. Geburtstag, als dein Auto nicht anspringen wollte und dir ein Fremder - scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht - geholfen hat. Das war Stefan von mir gesandt für dich! Leider bist du davon gerauscht, ohne sein Interesse an dir zu bemerken. Ich mag jetzt wirklich nicht alle 387 Zeichen aufzählen, für die du taub und blind warst, geliebtes Kind . Na ja, eines vielleicht noch:
Erinnere dich bitte an deine Suche nach Familienglück im Internet. Ganz närrisch warst du nach einem Roman, der dir das Blaue vom Himmel vorgeschwindelt hat und - wie du selbst herausgefunden hast - war der schöne Roman verheiratet und Vater zweier schulpflichtiger Kinder! All meine liebevollen Zeichen versackten damals ins Leere, leider, denn ich hatte dir den Konstantin via Partnerbörse geschickt ... und nur, weil der kein Foto gepostet hatte, hast du ihn einfach ignoriert. Bis heute siehst du meine Zeichen nicht ... also bitte WAS könnte ich jetzt noch für dich tun?"
"Bitte schicke mir ein aller letztes Mal ein ZEICHEN!" fleht Anneli zum Himmel hinauf. Vor lauter Aufregung und in Erwartung der dringenden Gottesantwort lehnt sich Anneli irgendwie verdreht zur Seite und rutscht von der Bank auf die Böschung. "Bitte doch nicht SO ein Zeichen!" murmelt Anneli und reibt sich den schmerzenden Knöchel. Trübe Gedanken machen sich breit: "Bei mir ist Hopfen und Malz verloren ... ich versteh` Gott nicht ... und für die Liebe bin ich
bin ich jetzt sowieso schon zu alt ..." Tränen laufen über Annelis Wangen, als sich der graumelierte Herr aus seiner vormals verträumten Position am Wiesenhain erhebt und auf Anneli zukommt: "Kann ich helfen?" Anneli blickt in ein freundliches Gesicht mit Drei-Tage-Bart und braunen Augen. Knapp davor "Nein danke, es geht schon" zu sagen und den Herrn zurück zu weisen, dröhnt es plötzlich wie die Pummerin aus dem Wiener Stefansdom in Annelis Kopf: "DAS IST EIN ZEICHEN! Ich hab`s verstanden! Ich musste heute von der Bank rutschen, damit ich ihn kennenlerne und er mich!"
Eine Stunde später. ER heißt Konrad und ist Witwer. Er hat zwei Töchter und einen Sohn und mittlerweile vier Enkelkinder. Jedes Jahr zu Weihnachten gibt es ein Großfamilientreffen, wo auch die beiden Brüder von Konrad samt Anhang herzlich willkommen sind. Anneli begreift. Im Zeitraffen ziehen die letzten Jahrzehnte an ihr vorbei ... und all die ihr zugeteilten 387 Zeichen ... "Aber das 388. hat dein Herz erreicht und nur darauf kommt es an!" spricht Gott ein wahres Wort und lässt sich mit einem kurzfristig leerem Ideen-Reservoir und einem entspannten Seufzer auf die Himmelscouch fallen ...
(Zitat aus dem Buch "Ein Kurs in Wundern")
Gottes Zeichen sind vielfältig und für unseren Verstand oft nicht erklärbar. Das "Gefängnis", von dem hier die Rede ist, erfindet unser Verstand. In Wirklichkeit gibt es keines. Aus eigener Erfahrung und aus vielen persönlichen Gesprächen kann ich bestätigen, dass Gottes Zeichen immer für den betroffenen Menschen maßgeschneider sind, also leicht erkennbar!
Zeichen als Gottesbotschaften wahrzunehmen, erfordert nur eines: Unsere kleine Bereitwilligkeit, dafür offen zu sein!
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Sonja (Montag, 17 Juli 2017 22:16)
Ach liebe Christa, das ist eine sehr schöne und gut verständliche "Verdeutschung" des Kurs in Wundern Kapitels.
Herrlich!
Danke dafür
Herzlich
Sonja